Nach unserem Aufenthalt am Meer und See Skadar brachte uns die geruhsame Regionalbahn zurück in die Hauptstadt Podgorica, die wir zuvor nur wenige Augenblicke beim Wechsel vom Bus in den Zug begutachten hatten können. Bereits direkt nach der Ankunft stellte sich als drängenste Frage, wie wir die 1 1/2 Tage in der wirklich nicht allzu interessanten Stadt totschlagen sollten, denn bereits der Bahnhof ohne Dach versprühte eher Göttingen vibes als Großstadt-Flair und erinnerte uns daran, dass die Hauptstadt Montenegros nur 150.000 Einwohner zählt.
Nichtsdestotrotz waren wir frohen Mutes, denn mit - wie sich herausstellen sollte - sehr großem Glück ergatterten wir noch zwei Bettenplätze im Schlafzug nach Belgrad und fanden eine bezahlbare Unterkunft in der Nähe des Zentrums. Wir kamen bei einer türkischen Familie unter, die mehr oder weniger vor türkischen Realitäten nach Montenegro geflüchtet waren. Viel hielten wir uns jedoch gar nicht im übermäßig heißen Zimmer oder sehr mückigen Garten auf, sondern verlebten die Zeit deutlich einfacher als gedacht. Da bei der unfassbaren Hitze sowieso keine größeren Aktivitäten in Frage gekommen wären, genossen wir in vollen Zügen die entspannten Seiten des Lebens und schleppten uns von einem Café zum nächsten.
Wirklich cool an Podgorica im Sommer ist die sehr kühle Moraca, die mit klarstem Wasser mitten durch die Stadt fließt und zum Baden mehr als nur einlädt. Entsprechend viel Zeit verbrachten wir an ihren Ufern und tranken dort zuckrige Kaltgetränke. Ansonsten besuchten wir das herrlich heruntergekühlte und kostenlose Museum Podgoricas, wo uns die Kunstexposition deutlich mehr überzeugte als die stadtgeschichtliche Dauerausstellung. Das Naturkundemuseum war leider urlaubsbedingt geschlossen, was (wohl eher) den Urlaub der Mitarbeitenden, nicht den Urlaub der Urlauber in Podgorica meint... .
Nach dieser entsprechend entspannten Zeit machten wir uns am Abend unseres zweiten Aufenthaltstages auf zum Bahnhof, wo wir mit vielen anderen, vor allem Serben und Montenegrinern, auf den Nachtzug nach Belgrad warteten. Dieser zuckelte mit der erwarteten Verspätung von 40 Minuten im Bahnhof ein und wir fanden schnell die uns zugewiesenen Betten. Da allerdings noch 5 weitere Personen im gleichen Abteil untergebracht waren (2 Kinder auf einem Bett + 3 Erwachsene) konnten wir zunächst nur unsere Rucksäcke auf die unseren obersten Betten werfen und uns auf den ebenfalls nicht ganz leeren Gang flüchten, bis die Familie ihre vielen Habseligkeiten an unserem Kopfende, über dem Gang verstaut hatten. Abstrakt gesehen ist die Zugstrecke von Podgorica nach Belgrad wohl eine der Superlative, da sie hunderte Brücken und Tunnel passiert, tolle Aussichten bietet und dazu noch grandios günstig ist (mehr Details kann man sich im Internet erlesen). Für die planmäßig 11 Stunden dauernde Fahrt bezahlt man gerade 26 Euro pro Person für ein Bett mit frischem Bettzeug im Sechserabteil. Konkret entpuppte sich die Fahrt für uns zwar als durchaus aufregend und einmalig, jedoch auch als einigermaßen kräfteraubend. Während es bei geöffneten Abteilfenstern auf den unteren Liegen dank des frischen Fahrtwinds angenehm kühl ist, staut sich unter der Decke (und unseren obersten Betten) die Abwärme des Tages und der Abteilbewohner. Dazu quarzen die übrigen Mitfahrenden auf dem Gang eine Zigarette nach der anderen und blasen den frischen Rauchgeruch lässig in die Abteile. Hinzu kommt, dass den Waggons ihr Alter deutlich anzusehen, anzufühlen, und anzuhören ist. Wer bei Fahrt auf freier Strecke noch keine Hörschäden davonträgt, wird spätestens bei der Fahrt durch die ewigen Tunnel (die ausweislich des Internets 25% der gesamten Fahrtstrecke ausmachen) betäubt. Die Toilette erinnerte uns stark an unsere Erfahrungen im pakistanischen Schlafzug. Sehr positiv ist hingegen der Grenzüberschritt zu bewerten, der bequem im Abteil stattfand. Die serbischen Beamten schauten nur kurz auf unsere Personalausweise und ließen uns sodann schnell ins Land.
Etwas zermatscht in Belgrad angekommen, suchten wir unseren Host für die letzten zwei Tage unseres Urlaubs auf und brachten unsere sieben Sachen im zentral gelegenen Apartment unter. Besonders aufregende Unternehmungen unternahmen wir in Belgrad dann nicht mehr, sondern genossen unseren Reiseabschluss mit vielen zuckerhaltigen Speisen und Getränken. Leider war das Wetter recht wechselhaft und wir mussten uns etwa während unseres Zoobesuchs in ein Restaurant flüchten, da draußen ein unglaubliches Hagelgewitter wütete und wiederum den armen Zootieren ordentlich zusetzte, die vor Schmerzen wild herumsprangen. Besonders positiv fiel uns nach dem Aufenthalt in Bosnien und Montenegro auf, dass nicht nur Leute, mit denen wir interagierten besser Englisch sprachen und grundsätzlich freundlicher waren, sondern dass wir mit Belgrad endlich eine Stadt gefunden hatten, die mit ihren 1,2 Millionen Einwohnern wahrliche Hauptstadt-vibes versprühte, ohne dabei mit allzu schlimmem Autoverkehr zu belästigen. Ein Besuch in der ehemaligen Hauptstadt Jugoslawiens lohnt sich auf jeden Fall!
Damit sollten die wichtigsten Geschichten aus unserem Urlaub zusammengefasst worden sein, danke für's Lesen und bis zur nächsten Reise,
Conrad und Sinja
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