Wie im letzten Blog ausführlichst beschrieben, ist ein sommerlicher Aufenthalt in Sarajevo nicht nur interessant aus historischer und politischer Sicht, sondern auch extrem schweißtreibend und schlauchend. Wie ebenfalls angesprochen, zog es uns daher nach einer ersten Akklimatisierung in der bosnischen Hauptstadt in die weite Wildnis des Hinterlandes.
Nach gemütlicher Schunkelfahrt in aus Deutschland importierten Bussen des vergangenen Jahrtausends fanden wir uns in Trnovo, einem größeren Dorf nicht allzu weit von Sarajevo, wieder. Da es von dort noch einige Wanderminuten auf heißer Straße bis zum Ausgangspunkt unserer anvisierten Wanderung waren, stoppten wir uns einen norwegischen Serben, der uns mit seinem dicken BMW im ehemaligen Heimatdorf herumkutschierte und uns einige Tipps zur Gegend mit auf den Weg gab.
Dieser war sodann erstaunlich gut ausgeschildert und brachte einige Freude beim Aufstieg auf 1800m und uns nach drei Stunden an unser Ziel, einen wunderbaren See mit pitoresekem Bergpanorama. In Empfang nahm uns ein freundlicher Hüttenwirt, der mehrere Monate im Sommer die Berghütte am Rande des Sees beaufsichtigt, Gäste Willkommen heißt und einfach nur sein Rentnerdasein genießt. Da wir aber nicht gewillt waren, im dreistöckigen Mehrpersonenbett mit anderen Wanderleuten zu nächtigen, bauten wir uns ein (erstaunlich professionelles) Lager aus einem gefällten Baum und unserer mitgeschleppten Mehrzweckplane in einigem Abstand zur sicheren Hütte. Entsprechend aufregend war die erste Nacht, da wir nicht nur Respekt vor Wildtieren und Mücken hatten, sondern auch von einem stürmischen Gewitter heimgesucht wurden. Doch alles hielt und wir wachten in einem trockenen Lager auf.
Apropos Mücken: So schön unser Lagerort auch war, an die unglaubliche Menge an Insekten musste man sich als glyphosatgeimpfter Westeuropäer erst einmal gewöhnen. Saß man auch nur einen Augenblick still, tanzten hunderte verschiedene Krabbelviecher auf dem wandergeschundenen Körper und sorgten teils für juckende Bisse und Stiche. Entsprechend angenehm waren da die Sprünge in den wunderbar temperierten See, in dem wir nicht nur uns selbst, sondern auch die verschwitzte Wanderkleidung mit Kernseife sauber halten konnten.
Am Tag nach unserer Ankunft am See wollten wir noch höher hinaus und unsere Navigationsapp brachte uns sicher auf zwei Spitzen mit Blick über das bosnische Bergland. Aber so schön die Aussicht von diesen auch war, der Hinweg war es, der einem das Wanderherz höher schlagen ließ. Wir liefen nämlich durch endlose Wildblumenwiesen, die in allen erdenklichen Farben blühten und, man kann es sich schon denken, weiteren tausenden Insekten ein appetitliches Heim boten. Vielleicht kann und sollte man nicht von unberührter Natur sprechen, aber eine gewisse Ursprünglichkeit vielen diese Wiesen noch inne. Der Rückweg führte und dann über mal wegsame, mal unwegsame Pfade zurück zum Zeltsee, wo wir erneut ein Bad nahmen und unser typisches Wanderessen, Brot mit Pastete oder Dosenfisch, zu uns nahmen. Die zweite Nacht war sodann kühler als gedacht, doch dank warmer Schlafsäcke kein Problem.
Am nächsten Morgen packten wir, nach Brot mit Pastete, unsere sieben Sachen und machten uns an den Abstieg. Diesen erfolgreich vollzogen, dauerte es am Straßenrand einige Zeit, bis wir von einem reisenden Deutschen mitgenommen wurden. Der sportliche Herr im noch sportlicheren Auto brachte uns nach Foca, einer Kleinstadt irgendwo im serbischen Teil Bosniens, wo wir uns für zwei Nächte von den Strapazen erholen und auf weitere Wanderungen physisch und psychisch vorbereiten wollten. Doch von der Kleinstadtidylle, die von Lobpreisungen verurteilter Kriegsverbrecher nicht ganz ungeprägt ist, soll erst im nächsten Blog berichtet werden, mir schlafen langsam die Finger beim Tippen ein, wobei die mehreren konsumierten Biere einen entsprechenden Anteil haben dürften.
Ganz liebe Grüße
Conrad und Sinja
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