Polizisten mit wenig Verständnis für Wanderungen

Wie im letzten Blogpost hoffentlich ersichtlich wurde, war uns nach einigen Schlemmereien in Adana nach etwas Bewegung. Also packten wir unsere sieben(hundert) Sachen in die großen Rucksäcke und machten uns auf in den Norden der Millionenstadt, um von dort unsere Wanderung zu beginnen, ohne genau zu wissen, wo diese enden könnte. Schlussendlich waren wir zwei Tage unterwegs und um einige Erfahrungen reicher. 50 Kilometer brachten wir ziemlich genau mit schwerem Marschgepäck hinter uns und sind darauf etwas stolz. Eine chronologische Erzählung unserer Erfahrungen wäre eher langweilig, ich schreibe lieber nach freiem Ermessen.

Grundsätzlich machten wir auf unserer Reise nur positive Erfahrungen, insbesondere waren die uns begegnenden Türken (und manchmal auch Türkinnen) außerordentlich hilfsbereit und freundlich. Dafür wurde uns wenig Verständnis für das Laufen mit schweren Rucksäcken entgegengebracht und an vielbefahrenen Straßen wurden wir alle 5 Minuten angehalten und auf türkisch gefragt, ob wir denn nicht Hilfe bräuchten und mitgenommen werden wollten. Einige Überredungskunst mussten wir insbesondere bei zwei Polizisten anwenden, die neben uns hielten und sich sehr um unser wohlergehen sorgten. Erst nachdem wir das freundliche Angebot, uns zu unserem Zielort zu fahren, ebenso freundlich aber nachdrücklich abgelehnt wurde, zogen die überhilfsbereiten Ordnungshüter Leine und wir konnten die Wanderung weiterführen. Es sollte nicht die letzte Unterbrechung gewesen sein und nach einiger Zeit war der Satz: Wir laufen gerne, haben keine Probleme, vielen Dank! sowohl übersetzt im Handy eingespeichert als auch von uns mit Mimik und Gestik vermittelbar. Dennoch freuten wir uns über abgelegene Straßen mit wenig Verkehr und genossen die schöne Aussicht. Zu sehen gab es viel kultiviertes Land, Oliven-, Orangenbäume und Kiefern, schneebedeckte Berge in der Ferne sowie recht heruntergekommene Dörfer, die man bereits auf einige Entfernung aufgrund ihrer obligatorischen Minarette ausmachen konnte. Die Temperaturen am Tag waren außerordentlich angemehm und trotz motivierter Sonne fühlten wir uns nicht schwitzig heiß.
Für die kalte Nacht irgendwo im Nirgendwo funktionierte unser genialer Plan: Wir fragten einen netten Herrn, der uns (wie alle anderen auch) vor seinem Haus grüßte, ob er denn einen Platz zum Zelten wisse. Wie geplant folgte daraufhin ein Aufschrei und wir wurden eindrücklich auf die Kälte in der Nacht hingewiesen und in das Haus eingeladen. Dort erwartete uns nicht nur ein gutgeheiztes Wohnzimmer, sondern auch ein leckeres Abendbrot mit Brot, Oliven und Ei. Mit unseren Gastgroßeltern konnten wir uns zwar nicht so richtig unterhalten, dafür telefonierten wir mit der in Deutschland lebenden Nichte, die das Wichtigste übersetzte. Insbesondere teilte sie uns mit, dass wir unsere Matratzen und Schlafsäcke schön im Rucksack lassen sollten - die Bereitstellung eines Schlafsofas gehört zur Familienehre. Das Frühstück war so lecker und reichhaltig wie das Abendmahl und wir verabschiedeten und mit vollem Magen. Ein schlechtes Gewissen kam irgendwie nicht auf, wir nutzen Gastfreundschaft erbarmungslos aus, schließlich freuten sich auch unsere Gastgeber über den spontanen Besuch.
Auch unsere weiteren Bekanntschaften waren vergleichbar zuvorkommend, wir wurden häufig zum Essen eingeladen (konnten wir nicht annehmen), uns wurden Erdbeeren und Äpfel geschenkt und man half uns bei der Organisation eines Transfers zurück nach Adana. Als wir nämlich an unserem Zielort Karaisali ankamen, mussten wir feststellen, dass die einzige Herberge komplett ausgebucht war und uns doch nach einer Unterkunft mit Dusche war. Also fuhren wir mit dem Bus nach Adana, nur um uns nach der Ankunft dort sogleich in den Zug nach Mersin zu setzen - Adana hatten wir schließlich schon durchgespielt. Nun sitzen wir in ebendiesem zuckelnden Schienengefährt und ich habe die gute Möglichkeit, diesen Blog zu verfassen.
Ob wir in Mersin eine gute Zeit verbringen und überhaupt erstmal eine nette Unterkunft finden konnten, lest Ihr im nächsten Eintrag.

Bis dahin,
Conrad und Sinja


















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