Wir wollen etwas erleben. Daher ist ein Feature von Google Maps wie für uns gemacht: die Belebten Umgebungen. Mit dieser Beschreibung markiert das praktische Programm des datensammelnden Internetgiganten die Gegenden einer Stadt, in denen zu diesem Zeitpunkt der (türkische) Bär steppt. Also hetzen wir den orangenen Einfärbungen hinterher, um ja nichts vom wilden Trubel zu verpassen und den türkischen Alltag authentisch mitzunehmen.
Unsere zwei Erkundungstage in der Millionenküstenstadt Mersin verbrachten wir also zuvorderst mit Herumlaufen und Schauen, zweitrangig natürlich wiederholt mit Schlemmen und Tee trinken. All diese Unternehmungen kann man entweder an der netten Promenade machen, wo der Tee zwar dreiste 30 Cent pro Becher kostet, mit dem Blick aufs Meer jedoch auch gleich eine Spur besser schmeckt. Auch unser Frühstück, Tee mit äußerst leckeren Simits (Sesamringgebäcken), nahmen wir küstennah auf einer Bank ein. Da es uns am Meer jedoch mal zu heiß, mal zu kalt war, liefen und busfuhren wir zu anderen Sehenswürdigkeiten der Stadt, wobei sie einem Anschauen eher weniger würdig waren. Die "Ausgrabungsstätte" im Zentrum Mersins stellte sich als absoluter Flop heraus und auch der Yachthafen rief gähnende Langeweile hervor. Schnell stiegen wir also auf unsere Lieblingsbeschäftigung um und durchkämmten die belebten Straßen mit ihren schier unendlichen Ess- und Einkaufsmöglichkeiten. Ab und zu ließen wir uns auf typisch niedrigen Stühlen, die man in Deutschland nur aus Kitas kennt, nieder und tranken Schwarztee aus den ebenso typisch kleinen, bauchig-schlanken Gläsern. Teeverkäufer und Gastwirte waren überall außerordentlich freundlich zu uns und freuten sich sehr über unsere wenigen Brocken Türkisch. Insgesamt scheinen Deutsche in der Türkei einen guten Ruf zu genießen, jedenfalls lassen die freudigen Ausrufe auf unser Heimatbekenntnis dies vermuten. Belebte Umgebungen waren am Ende zumeist einfach Einkaufsstraßen, die viele Leute zum Schlendern reizten und die üblichen Kebabläden und Gemischtwarengeschäfte aufwiesen.
Auch das Wandern sollte nicht ganz zu kurz kommen, jedoch endete unsere gestern begonnene Wandertour früher als gedacht. Am Morgen ließen wir uns mit dem Bus in ein kleines, recht hochgelegenes Vorortsdorf fahren und frühstückten dort, provisorisch von netten Ladeninhabern zusammengeschustert, Sucuk (Knoblauchwurst) in Brot. Danach wanderten wir mit all unserem Gepäck durch die hügelige, mondartige und recht karge Landschaft, liefen auf leeren Straßen und beobachteten einsame Zigenhirten mit ihren Herden. Schneeflocken wechselten sich ab mit schönem Sonnenschein und wir genossen die diverse Landschaft ebenso wie das divergierende Wetter. In Dörfern beschenkte man uns in verrauchten Herrentreffs mit Tee und Wärme an Holzöfen. Eigentlich hatten wir geplant, am Ende des Tages in unserem Zelt zu nächtigen, doch war die Temperaturvorhersage so pessimistisch, dass wir uns spontan umentschieden und nach einer massiveren Unterkunft suchten. Damit begann eine Odyssee, deren Einzelheiten nicht so interessant sind. Am Ende landeten wir jedenfalls wieder in Mersin, nachdem uns diverse Türken in ihren mal mehr, mal weniger schicken Autos mitnahmen und an die verschiedensten Orte brachten, wo wir Unterkünfte vermuteten. Auch hier half uns die Aura naiver, junger, etwas blöder, aber netter Ausländer, die scheinbar konsistent Hilfsbedürftigkeit vermittelt und die Herzen unserer Helfer erweicht. Am Ende wurden wir nämlich nicht nur herumgefahren, wondern bekamen auch Brot, Mandarinen und weiteren Tee geschenkt.
Soviel zu Mersin und Umgebung, morgen wollen wir nach Osmaniye. Seid gespannt!
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