Bukarest, Karpaten und Co. – Tage in Rumänien

Der letzte Blogpost liegt nun mittlerweile mehr als zwei Jahre zurück. Schuld daran sind nicht nur Reisen verderbende Corona-Viren, sondern auch die Eigenheiten des juristischen Studiums. Intensivst musste ich mich in den vergangenen Jahren mit der Vorbereitung auf verschiedene Prüfungsteile des Ersten Juristischen Staatsexamens beschäftigen. Nun habe ich einen Großteil des geforderten Leistungsprogramms hinter mich gebracht und wieder mehr Zeit, die Weiten der weiten Welt zu erkunden. Diesen Herbst war es mir nun vergönnt, 10 Tage im rauen Rumänien zu verbringen.


Die Rumänienreise startete mit viel guter Laune in meinem beschaulichen Uni-Städtchen Göttingen, das hervorragend an das Fernverkehrsnetz der DB angeschlossen ist. Dank moderner ICE kommt man entspannt und schnell nicht nur nach Hamburg oder Zürich, sondern auch zum Frankfurter Flughafen, wo der Flieger nach Bukarest bereits auf mich und meine Begleitung wartete. Unspektakulär war der 2 ½ stündige Flug, das Essen an Bord der TAROM-Maschine keine außerordentlich Wohltat.


Aufgrund der anhaltend pandemischen Lage hatten wir uns bezüglich der Einreise auf das Schlimmste gefasst gemacht und betrachteten mit Sorge, dass wir den Flughafenbus als beinah letzte verließen. Doch weder mussten wir in langen Schlangen anstehen noch unser ausgefülltes und ausgedrucktes Einreiseformular vorzeigen. In Sekunden war unser Impfzertifikat gescannt und wir herzlich willkommen geheißen. Die vor uns den Bus verlassen habenden Rumänen hatten hingegen größere Probleme – bei einer Impfquote von etwa 25 % mussten viele von ihnen Dokumente ausfüllen und Tests nachweisen, um eine Quarantäne abzuwenden. Positive Erwähnung soll finden, dass der Flughafen Bukarest rund um die Uhr mit dem ÖPNV erreichbar und verlassbar ist. Unser Busticket in das Stadtzentrum kostete pro Person 60 Cent und wir konnten unser Apartment nicht nur früher, sondern auch günstiger als gedacht erreichen.


Den ersten Tag in Rumänien verbrachten wir mit der Besichtigung Bukarests, das gemischte Gefühle in uns hervorrief. Am auffälligsten wirkte die inkonsequente Bebauung der rumänischen Hauptstadt. Prunkvolle Protzbauten wechseln sich in einer Tour ab mit Wohnbaracken im sowjetischen Stil. Zwischendrin stehen einige moderne Gebäude aus Glas und Stahl, was eine Beurteilung der städtischen Schönheit noch weiter verkompliziert. Insgesamt waren wir nicht allzu angetan von dem Stadtbild, in der leicht mit Bukarest zu verwechselnden Hauptstadt Budapest findet man ungleich schönere Straßenzüge. Nichtsdestotrotz ist Bukarest ein besucherfreundlicher Ort, die Preise sind selbst in den wenigen auf Touristen ausgerichteten Restaurants und Bars nicht besonders unangemessen. Für Bukarest und Gesamtrumänien können wir die Autoservire, kleine Kantinen in privater Hand, empfehlen. Hier sieht man hinter der Ladentheke viele Gerichte, die man sich frei zusammenstellen kann – böse Überraschungen nach der Bestellung muss man hier jedenfalls nicht befürchten und auch geschmacklich überzeugten die teils doch sehr spartanisch eingerichteten Imbisse. Ein Besuch wert war das unfassbar riesige Parlamentsgebäude, dass man bei Google in jeglicher Ausrichtung bewundern kann. Als zweitgrößtes administratives Gebäude der Welt macht es schon auf die Ferne einen irren Eindruck. Abends kann man in Bukarest auch einwandfrei ausgehen, die Bars bieten leckeres Gebrautes an und Spätshops verkaufen bis tief in die Nacht, was sich Nachtschwärmende so erwünschen. Wir sind alle Strecken in Bukarest gelaufen, das wir Unweit des Stadtzentrums wohnten. Der öffentliche Personennahverkehr ist jedoch auch gut ausgebaut, nur würden wir empfehlen, die antiken Straßenbahnen zu meiden, da diese im Schneckentempo durch die Stadt kriechen und keinen Zeitgewinn gegenüber einem Fußmarsch versprechen. Doch das soll es gewesen sein, zu Bukarest – wir flogen schließlich nach Rumänien, um uns mal wieder so richtig einen abzuwandern.


An unserem zweiten Reisetag fuhren wir also mit dem Bummelzug (rumänischer Schnellzug) nach Sinaia, dem wohl schicksten Skiort Rumäniens, was wiederum beeindruckender klingt, als es schlussendlich ist. Leider wurde unsere Wanderlust etwas durch einen unvorhergesehenen Kälteeinbruch gedämpft. Auf unserer Wanderstrecke war es auch tagsüber kaum über null Grad, sodass wir eine Nacht im rustikalen Zwei-Sterne-Hotel verbringen musste. Trotz des Skiorts, einer Dusche mit viel Strahlkraft und WiFi bezahlten wir hierfür nur 30 €, was uns nicht endlos günstig, aber zumindest angemessen erschien. Am nächsten Tag war es dann endlich so weit und wir konnten mit unseren schweren Rucksäcken losstiefeln. Erst bergauf, dann bergauf und schließlich noch einmal bergauf, bis wir die Spitze unseres Tagestrips erreichten. Belohnt wurden wir durch abwechslungsreiche Natur und fantastische Ausblicke, die nur zu Beginn etwas durch Skilifte gestört wurden. Auf der Wanderung trafen wir sehr wenige andere Freizeitsportler und hatten die Natur für uns alleine. Nach einem anstrengenden Tag erreichten wir unser geplantes Ziel, einen See inmitten der Karpaten, der jedoch über Straßen erreichbar war und auch erreicht wurde. Auch gab es eine Hütte, die erstaunlich günstig Speis und Trank anbot, was uns noch sehr weiterhelfen sollte. Gerade als wir dabei waren, unser Zelt aufzubauen, kam eine rumänische Familie vorbei und warnte uns ausdrücklich davor, im Freien zu zelten, da die allgegenwärtigen Bären uns sonst auf die Pelle rücken könnten. Etwas verunsichert bauten wir unser Zelt zu Ende auf und verbrachten eine gruselige Nacht. Jegliches Tier, das in den rumänischen Karpaten unterwegs ist, schienen wir abwechselnd hören zu können und wir hatten stellenweise ganz schöne Bärenangst. Gott dankend und äußerst froh wachten wir am folgenden Tag auf und suchten das Essen, das wir vorsorglich weit entfernt vom Zelt gelagert hatten. Leider war dieses in der Nacht von irgendwelchen Tieren geplündert worden und uns blieb lediglich eine Packung Nüsse. Selbst die Konservendosen waren restlos verschwunden. Was Festmahl für die rumänischen Waldbewohner, war uns ein Ärgernis, doch konnten wir glücklicherweise zünftig in der vorhin genannten Hütte frühstücken. Nach dem Frühstück trampten wir zu einer hundert Meter tiefen Höhle, die als Student für einen Euro besichtigt werden konnte. Über eine halbe Stunde lief man mit aufgetakelten Rumänen durch den Untergrund und quetschte sich durch mal engere, mal weitere Gänge.


Die restliche Zeit in Rumänien verbrachten wir weiterhin vorrangig mit Wanderungen, die ich nicht im Detail beschreiben möchte. Je nach Lust und Laune kann man sich leichte bis sehr anspruchsvolle Touren inklusive Klettereien heraussuchen. Landschaftlich ist die Region jedenfalls ein großer Genuss und wir begegneten nur äußerst wenig anderen Reisenden. Die Wanderwege sind zumindest in den südlichen Karpaten außerordentlich gut ausgewiesen und wir hatten keinerlei Probleme, uns zu orientieren. Wir nächtigten in kleineren Ortschaften und wurden zwei Tage von einer netten rumänischen Familie beherbergt, in deren Garten wir campen wollten. Glücklicherweise hatte diese ein sehr großes Haus, was nicht nur Heimstädte ist, sondern auch ein Gästehaus werden soll. So hatten wir ein neu eingerichtetes, noch nicht zuvor genutztes Zimmer für uns, während es draußen ganz schön kalt war. Zum Wandern ist der rumänische September gut geeignet, zum Campen in der Nacht eher weniger. Es sei denn man freut sich über Minusgrade im Zelt. Mit dem Zug fuhren wir am Ende unserer ausgedehnten Wandertour zurück nach Bukarest, wobei ich ausdrücklich die Unkompliziertheit des Bahnfahrens in Rumänien erwähnen und loben möchte. 15 Minuten vor Abfahrt fanden wir uns am Bahnhof ein, zogen am Automaten ein Ticket und zuckelten dann ohne Probleme mit reservierten Plätzen los.


Insgesamt kann ich auch Rumänien als Reiseland empfehlen. Die Leute waren ausnahmslos sehr freundlich zu uns, auch wenn man sich zum Teil nur durch Hand und Fuß verständigen konnte. Das Fahren mit öffentlichen Verkehrsmitteln war ebenso einfach wie Trampen. Natürlich ist Rumänien für Naturfanatiker deutlich geeigneter als für Stadttouristen, außen vor gelassen sind die kleinen mittelalterlichen Städtchen in Siebenbürgen, die wir nicht besichtigten und nicht bewerten können.


Liebe Grüße und bis zur nächsten Unternehmung

Conrad


















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