Übernachten bei Taliban-Symphatisanten - Eine lange Reise in den Norden



Etwas überanstrengt von den, mit Treffen und Frühstücken überfüllten, Tagen in Lahore bestiegen wir den Bus nach Swat. Auf der Fahrt nervten wir unsere Mitfahrenden damit, dass alle 30 Minuten unser Pass für Ewigkeiten an Kontrollstationen kontrolliert wurde. Mittelmäßig ausgeruht erreichten wir Mingora und wurden von unserem Host, einem Bekannten unserer mitreisenden Freunde, abgeholt. Das uns begleitende Pärchen kannte den Host nicht persönlich, sondern hatte diesen lediglich über Facebook kennengelernt (das passiert in Pakistan häufiger). Nichtsdestotrotz quartierte uns der Bekannte von Bekannten in einem netten Hotel ein, lud uns zum Essen und fuhr uns in seinem dicken Auto herum. Wir besuchten das lokale Museum, zwei buddhistische Stupas und genossen sehr die Stille und etwas klarere Luft des Bergvorlandes. Viel mehr passierte auch nicht im netten Swat und am nächsten Tag starteten wir zusammen mit Ali die Odysee nach Gilgit. Zunächst verlief alles recht nach Plan und im vollgestopften Minibus polterten wir, viel Höhe gewinnend, nach Bisham. Auf dem Weg wurde erneut an jeder Polizeistation unser Pass kontrolliert und kopiert. Unser Begleiter musste die üblichen Fragen beantworten. In Bisham stellte sich heraus, dass doch nicht so viele Busse nach Gilgit fuhren wie erwartet und wir hatten die Möglichkeit, entweder bis 2 Uhr nachts auf den Bus zu warten oder ein Taxi für die 10 stündige Fahrt zu nehmen. Wir entschieden uns für das Taxi und starteten, noch zuversichtlich, den Trip gen Norden. Nach kurzer Zeit startete ein beständiger Regen und die löchrige Dreckstraße verwandelte sich in eine teils schlammige, von Wasserfällen überflutete Piste. Später erfuhren wir, dass wir uns die gesamte Zeit auf dem berühmten Karakom Highway befanden. Die Fahrt wurde, wie erwartet, dauerhauft von Passkontrollen unterbrochen und durch die unruhigsten Gebiete begleitete uns immer eine Polizeieskorte. Der Regen wurde stärker, es war dunkel geworden und ein klein wenig unheimlich schien einem die felsige, karge Umgebung schon. Nach Stunden der holprigen Fahrt stoppte unser Auto plötzlich und wir standen, gemeinsam mit 3 anderen Fahrzeugen, den Abhang auf der einen, eine schlammige Wand auf der anderen Seite. Erst nach und nach klärte man uns über die Situation auf. Der Regen hatte die Stein- und Schlammwände so aufgeweicht, dass sie drohten, durch die Fahrtvibrationen zusammen- und auf die Straße zu stürzen. Man wartete also auf das erste Fahrzeug, das sich freiwillig opfern und den Weg testen würde (das sogenannte "Opferschaf"). Leider fand sich so schnell kein Lebensmüder und wir konnten nicht vor oder zurück, ohne in Gefahr zu laufen, von einer Schlammlawine in Tomatenpüree verwandelt zu werden. Noch etwas klammer wurde die nasskalt dunkle Situation, als die Fahrer der anderen Fahrzeuge unseren Fahrer und Mitreisenden aufforderten, uns in die Moschee zu nehmen und dort zum Islam zu konvertieren. Unser Fahrer drohte mit der Polizei und seiner Waffe und man ließ uns, anstarrend, in Ruhe. Kohistan ist eine sehr konservative und rückständige Region. Frauen sieht man selbst verschleiert nicht auf der Straße und man pflegt die traditionellsten Bräuche und Religionsausübungen. Doch sehr erleichtert waren wir, als uns das erste mutige Auto entgegenraste und wir, ebenfalls rasend, um möglichen Lawinen zu entkommen, die Fahrt fortsetzten. Mittlerweile war es spät geworden und die Polizisten an den Kontrollstationen wunderten sich schon sehr, warum zwei Ausländer um 1 Uhr nachts noch in dieser Gegend unterwegs waren. Man setzte zur Sicherheit einen Polizisten mit ins Auto, ließ uns aber erstmal weiterfahren. Erst als wir schon recht viel der Strecke zurückgelegt hatten, ereilte uns das Problem, das als Reisender in Pakistan allbekannt ist. Die Sicherheitskräfte ließen uns nicht weiterfahren und quartierten uns in einem überteuerten Hotel ein (10€ pro Nacht und Zimmer). Wir beschwerten uns, doch alle Klage half nix und wir mussten uns von unserem völlig übermüdeten Fahrer verabschieden. Die 10 stündige Taxifahrt kostete uns 40€, ein Preis, der das Kostenniveu in Pakistan ganz gut widerspiegelt. Kaum setzten wir am nächsten Morgen einen Schritt aus dem Hotel, das uns aus "Sicherheitsbedenken" lieber dabehalten wollte, schnappte uns eine Polizeistreife auf und begleitete uns zum Frühstück. Mit dem Taxi und wechselnden, bewaffneten Begleitern zuckelten wir nach Gilgot, wo uns der nächste Bekannte unseres Reisebegleiters erwartete. Dieser war, ohne dass unsere Freunde es wussten, daheim in einem Haushalt, der wohl selbst für Kohistan extrem religiös und konservativ geführt wurde. Zwar fühlten wir uns sicher und respektiert, doch konnte einem bei den Ansichten des Schwiegervaters nur mulmig werden. Man sympathisierte offen mit den Taliban und der Koran war Quelle jeder Antwort auf unsere Fragen. Während unseres gesamten Aufenthalts bekam ich kein weibliches Geschöpf zu sehen und die vielen Jungs saßen still in der Ecke, sprachen nicht und bewegten sich nur, um leise die Reste des Abendessens teilen. Wesentlich schwerer als wir hatte es unser, sich vom Islam eher abgewandter, lieber Reisebegleiter Ali, der stundenlang wieder auf den rechten Weg gebracht werden sollte. In ewigen Monolgen redete man auf ihn ein und er war sichtlich aufgelöst. Die Nacht verbrachten wir getrennt, Sinja im Mädchenraum, ich im Raum der Männer und es war schwierig, Ali etwas zu beruhigen und der Höflichkeit halber bis nach dem Frühstück im Haus zu halten. Erleichtert verließen wir das konservative Haus und fuhren weiter nach Gilgit, unser eigentliches Ziel. Durch die Vorkommnisse während der Fahrt waren wir erst recht verhalten gestimmt, doch überraschte uns Gilgit sehr positiv. Unser Hotelbesitzer war übermäßig freundlich und hilfreich und in der ganzen Stadt hieß man uns nett und offen willkommen. Endlich hatten wir einen Ort gefunden, an dem man ungestört, in toller Kulisse wandern und verweilen konnte. Genießend verbrachten wir zwei Tage in Gilgit und sitzen nun im Minibus, um noch ein bisschen weiter, schöner und höher in das Hunza-Tal zu kommen. Im nächsten Blog wird es (hoffentlich) noch beeindruckendere Bilder und ein paar allgemeine Infos zum Reisen in Pakistan geben.

Alpträumend von der pakistanischen Gastfreundschaft,
Cornard und Zinscha











Kommentare