Übernachten bei einem Ex-Knasti - Unsere letzten Tage im Libanon


Unsere Zeit neigte sich dem Ende, doch scheuten wir nicht das große Abenteuer und wollten nach unserer nasskalten Nacht noch einmal etwas erleben. Da uns viele Libanesen Baalbek als must visit verkauften, wollten wir ihrem Rat folgen und die alten Tempel im Osten des Landes anschauen. Offenbar ist unsere Aussprache arabischer Namen nicht besonders gut und wir landeten im falschen Bus. Dieses Fehlerchen bermerkten wir allerdings erst, als wir unter großem Gelächter fragten, ob das Ziel schon erreicht sei und wir in Boqaata etwas bedröppelt den Bus verlassen mussten. Doch vielleicht war es auch einfach Schicksal, das uns tief in das Drusengebiet brachte. Aufgegabelt wurden wir auf jeden Fall von Hussein, der sich sehr hilfsbereit zur Verfügung stellte und eine Übernachtung in seinem kleinen Haus anbot. Da wir eh nicht so genau wussten, was wir tun sollten und er spannende Geschichten auf Lager hatte, nahmen wir das Angebot an. In Boqaata war die Hölle los, denn dem Todestag einer der Drusenführer, der im Bürgerkrieg umgebracht worden war, wurde lautstark mit Fahnen, Gebrüll und Musik gedacht. Wir unterhielten uns lange mit unserm Host und kamen langsam aber stetig hinter die irre Geschichte seiner Familie. Er selbst hatte insgesamt neun Jahre im libanesischen, sein Bruder drei Jahre im ägyptischen Gefängnis verbracht. Die Mutter der beiden, die wir spontan besuchten, war in 22 Jahren 22 Mal schwanger gewesen, doch es hatten nur Hussein und 10 Geschwister die ersten Jahre überlebt. All dies und viele andere Geschichten über ihre Kindheit in Kuweit wurden uns bei leckerstem Abendessen erzählt und wir vielen vor lauter Informationsüberfluss benommen ins Bett. Am nächsten Tag fuhren wir mit dem Bus nach Sidon, um dort lecker zu speisen und die schicke Altstadt anzuschauen. Wir trafen nette Karosserieschrauber, die uns auf Deutsch zutexteten und Orangensaft ausgaben und erstanden vorzüglichste arabische Süßigkeiten. Recht spät trafen wir unseren deutsch/palästinensischen Host, der uns für zwei Nächte Zuflucht gewähren würde. Wir quatschten viel, kochten lecker und deftig, spazierten und nickerten in der warmen Sonne und bereiteten unsere Weiterreise vor. Das letzte Geld für Speis und Trank ausgegeben, sitzen wir nun im Musik beschallten Warteraum des Beiruter Flughafens und warten auf unseren Flug nach Pakistan. Rückblickend ist zu sagen, dass wir eine fantastische Zeit im Libanon hatten und haben (wie auch immer) für die zwölf Tage unseres Aufenthalts weniger als 75 € pro Person ausgeben können. Nun müssen wir in Pakistan noch hemmungsloser schlemmen, doch vielleicht reicht auch das nicht, um unsere Reisekasse etwas leerer zu bekommen.
Fröhliche Grüße vom Flughafen,
Conrad und Sinja









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