Mit Polizeieskorte in die Innenstadt - Ankunft im Libanon


7€ für ein kleines Bier? New York? London? Zürich? Nein. Wir sind in Beirut und relativ schnell mit den dort herrschenden Preisen konfrontiert. Einen Teil der Libanesen scheint mit diesen gut zurecht zu kommen und die Luxuskarossen stapeln sich vor Prada, Gucci und Co.

Doch der Reihe nach:
Unsere Anreise in das kleine Land am Mittelmeer verlief recht solide. Zwar warteten wir aufgrund eines kleinen Zahlendrehers eine Stunde zu lange am Göttinger Bahnhof, doch erreichten wir nach einem angenehmen Zwischenstopp mit angenehmerem Rotwein in Darmstadt pünktlich und gut bepackt den Frankfurter Flughafen. Schon in der Schlange vor der Gepäckabgabe konnten wir ahnen, was uns während des Fluges erwarten würde. Denn Libanesen in Frankfurt sind nicht nur stark geschminkt und parfümiert, sie kennen sich auch alle untereinander und das Warten in der Reihe wurde für ausgiebige Gespräche mit allen Mitreisenden, den Sicherheitsleuten und Eincheckerinnen verbracht. Scheinbar hatten sie sich jedoch noch viel mehr zu erzählen und der gesamte Flug war recht unterhaltsam für uns Ruhe gewohnte Bibliothekssitzer. Während sich Deutsche im Flugzeug besonders still anschweigen und jedes Geräusch als immense Belästigung wahrnehmen, brüllen sich Libanesen auch beim Fliegen durchgehend an oder etwas zu. Auch wir bekamen nette Tipps von unserer Sitznachbarin und starteten beruhigt unsere ersten Schritte auf das libanesische Territorium. Beunruhigend wurde es jedoch recht schnell, nämlich als wir die Länge der Schlange vor den drei besetzten Immigrationsschaltern sahen, in der wir gute zwei Stunden unserer wervollen Reisezeit verbrachten. In dem Moment wurde uns auch klar, warum unsere Mitreisenden noch während des Landeanflugs aufsprangen, nach ihrem Gepäck suchten und nur mit Gewalt von den Stewardessen zurück in die Sitze gedrückt werden konnten (neuer Anlass für Brüllereien). Allerdings waren wir positiv überrascht, als wir, entgegen aller Angaben im Internet und den Seiten der libanesischen Botschaft, keine Gebühr für das Visum zahlen mussten und finanziell nun noch unabhängiger agieren könnend den Flughafen verließen. Bevor wir uns in beinharte Verhandlungen mit tourifangenden Taxifahrern begaben, machten wir noch Bekanntschaft mit einem netten Libanesen, der uns etwas Internet schenkte, unser Geld zu einem verlustfreien Kurs tauschte und uns Hilfe zusagte, falls wir in irgendwelche Schwierigkeiten geraten sollten (sein Freund hielt wohl eine wichtige Stelle im Justizministerium). Nach einer kurzen abendlichen Fahrt im rostigen Taxi kamen wir in der besagten Bar im schicksten Teil Beiruts an und genossen unser teures Bier und warteten auf unseren Couchsurfinghost. Nachdem wir die Biere bestellt hatten, klärte uns die deutsche Kellnerin über die Preise der Biere und Lebenserhaltungskosten in Beirut auf, die uns die Nackenhaare zu Berge stiegen ließen und die Größere unserer Schlucke verkleinerten sich merklich. Doch lange mussten wir nicht warten und unser Host Tarkan (ein türkischer Soldat, der zur Zeit den türkischen Botschafter in Beirut bewacht und assistiert) begrüßte uns zusammen mit seinem Kumpel Mehmet (der viel Fahrrad fährt, einen Doktor in Theologie macht und unterschiedlicher als Tarkan nicht sein könnte). Unsere Biere wurden freundlicherweise übernommen und wir glitten in einem riesigen amerikanischen SUV in die Wohnung des Diplomaten. Dort unterhielten wir uns sehr nett mit unseren neuen türkischen Freunden und planten unseren nächsten Tag. Dieser startete ohne Frühstück, nachdem jeder seine Ausrüstung packte, wir unsere Kamera, Tarkan seine Pistole und wir zur türkischen Botschaft cruisten. Dort beschafften wir uns eine Polizeieskorte, die uns mit Sirene und schweißtreibender Geschwindigkeit durch den irren Verkehr Beiruts leitete. Richtig genießen konnten wir die, uns sicherlich zustehende, Privilegierung jedoch nicht, denn die Spurwechsel, Schneidemanöver und Kick-downs pressten uns etwas ängstlich in die Sitze und etwas bleich erreichten wir die Downtown. Von dort wanderten wir volle zehn Stunden quer durch die Stadt, spazierten, nein, flanierten durch sich abwechselnde christliche und muslimische Viertel, genossen leckere Falafel und Teigwaren, schlossen Freundschaften mit netten Brotbäckern und genossen die Offenheit und Hilfabereitschaft der Libanesen. Der Besuch der großen Moschee war stimmig, der Ayran würzig, der Verkehr tosend und die Stadt, bis auf die authentischen Läden, langweiliger als erwartet. So richtig wollte uns nicht klar werden, warum Beirut der Sehnsuchtsort aller Arabistikstudenten sein sollte und wir wurden von anderen Städten dieser Welt durchaus mehr beeindruckt. Nichtsdestotrotz verlebten wir unsere Stunden angenehm und kamen zwar müde, aber zufrieden wieder bei Tarkan zu Hause an. Dort genossen wir die Aussicht auf die blinkende Stadt und wenige zornige Cocktails, philosophierten über Demokratie und die Türkei, über Religion und das Reisen und lauschten den Geschichten unserer Gastgeber. Etwas zu spät begaben wir uns zur Ruh, standen wieder auf, verspeisten türkisches Frühstück und sitzen wir nun im Bus nach Byblos, um von dort in die Berge zu kommen, wo der nächste Host sehnsüchtig auf uns wartet!
Ausgeruht und fröhlich schreiben und grüßen euch
Conrad und Sinja.













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