Die erste Nacht im Freien verlief einwandfrei und wir wachten erholt und warm in unserem blauen Zeltlein mitten im Kadisha-Tal auf (siehe letzter Blogeintrag). Nachdem zum Frühstück eine Dose Thunfisch mit dünnem Brot verdrückt wurde, machten wir uns auf den Weg, ohne ein Ziel vor Augen zu haben. Das Wandergefühl brachte uns auf schicke Pfade im schönen Tal und wir genossen neben ein paar TUC-Keksen die anregende Natur. Da wir uns noch immer recht unfrisch fühlten und leider auch so rochen, legten wir einen Waschstopp an einem kleinen Wasserfall ein, der temperaturmäßig eigentlich nicht zum Baden einlud. Dennoch überwanden wir einige innere Schweinehunde und erfrischten unsere wanderschwitzigen Körper in dem eiskalten Wasser mit ökologischer Kernseife. Nicht viel weiter mussten wir klettern und wir erreichten Dimane, ein winziges Kaff am Rand des Tals. Dort konnte uns leider nur etwas Kaffee angeboten werden. Internet, welches wir dringend brauchten, suchten wir vergebens. Wir haben nämlich keine libanesische Sim-Karte erstanden, da diese so unverschämt teuer sind, dass wir es lieber darauf anlegen und uns mit Wlanspots über Wasser halten. Dabei macht man, wie sich herausstellen soll, sowieso mehr Bekanntschaften. Nix los in Dimane, daher schnell per Anhalter zurück in das größere Bsherre um dort einzukaufen und nach Internet zu suchen. Zuerst teilte ein netter Ladenbesitzer seine mobilen Daten mit uns, später fanden wir noch ein leeres Café, in dem alle nötigen Dinge erledigt werden konnten. Bestens ausgerüstet und gelaunt stellten wir uns an die Straße und staunten nicht schlecht, als drei Mädels in einem großen Jeep hielten. Auf der Fahrt sollte sich herausstellen, dass sie zwar gerne Auto fahren, jedoch weder Führerschein noch wirklich Ahnung vorweisen können und darauf hoffen, keinem unbekannten Polizisten zu begegnen. Lustig war es, doch mussten wir in Hasroun schon wieder raus und standen nun im ganz netten Dörfchen an der Straße und wollten eigentlich weiter in Richtung Tripoli fahren. Leider wurde nichts aus diesem Plan, denn eine nette libanesische Mama wollte uns partout nicht in der Kälte schlafen lassen und quartierte uns, ohne Widersprüche zu dulden, im leeren Haus ihrer Schwiegereltern ein. Doch bevor wir es uns dort bequem machen konnten, kutschierte man uns in das Haus ihrer Eltern, in dem wir leckeres Abendbrot genossen und mit ihren zu Besuch gekommenen Kindern und Nichten quatschten, die normalerweise im fernen Ausland leben und dort fernab von Korruption und Arbeitslosigkeit ihr Dasein fristen. Am nächsten Morgen trampten wir mit zwei schweigsamen Autos nach Tripoli und wurden dort am Straßenrand ausgeladen (Man hatte vorher einen Umweg von 30 Minuten für uns in Kauf genommen) und mussten uns zu Fuß in die Innenstadt machen. Vorbei an tausenden Autowerkstätten schleppten wir uns durch den Verkehr und machten brav den Grüßaugust. Jeder Herr, der den Blickkontakt mit uns aufnahm, grüßte sehr freundlich und hieß uns im Libanon willkommen. Da unsere Rucksäcke etwas schwer wurden, stellten wir diese nach unserem längeren Gang in einem kleinen Café ab, in dem uns Orangensaft und Wasser ausgegeben wurde und liefen mit leichter Tagesausrüstung weiter. Wir genossen sehr die tolle Atmosphäre in Tripoli und erlebten den riesigen Unterschied zum bergigen Edhen. Während das christlich geprägte Bergdorf sehr ruhig und beschaulich ist, tobt im muslimischen Tripoli das Leben. Das Marktviertel ist riesig und man kann kaum genug bekommen vom wilden Treiben, von der alten Festung hat man einen fantastischen Blick über die ganze Stadt und überall bekamen wir Leckereien geschenkt. Nach unserem Ausflug holten wir unsere Rucksäcke ab und man wollte unsere Bezahlung für Kaffee und Tee nicht annehmen. Mit Gewalt mussten wir die Bezahlung auf den Tresen drücken und machten uns, mit ein paar geschenkten Äpfeln im Gepäck, auf den Weg in das historische Byblos. Auch dort wurden wir von einer jungen Dame von der Straße gelesen und ins Haus ihrer Eltern eingeladen. Dort verspeisten wir weitere traditionell libanesische Leckereien, bevor uns von unseren neuen Freunden die Stadt bei Nacht gezeigt wurde. Ein Bierchen später schlummerten wir geruhsam im eigenen Appartement und machten uns am nächsten Tag auf zum nächsten Wandertrip. Zwei nette Herren mussten zwar eigentlich nicht in das Bergdorf unserer Begierde, hatten jedoch so wenig zu tun und so viel Lust, dass sie uns in ihrem schicken BMW bis an das gewünschte Ziel im Nirgendwo buxierten. Nun liegen wir, gesättigt von Brot mit Käse, Thunfisch, Tomate und Gurke, im Schlafsack neben einer kleinen Bergkirche und genießen die friedliche Ruhe nach viel Trubel und Reiserei und planen unseren morgigen Aufstieg zum Gipfel des Jabal Moussa.
Im nächsten Blog werden wir mehr allgemeine Eindrücke aus dem Libanon teilen, bis dahin,
Conrad und Sinja.
Conrad und Sinja.
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