Bananenrepublik Costa Rica – Ein Aufenthalt


Ähnlich dem Beitrag über Südafrika werde ich mich bei meinem Bericht über den Besuch des netten mittelamerikanischen Landes recht kurz halten, da der an den Tag gelegte Reisestil weniger Stoff für amüsant ironische Blogs bietet als andere Reiseabenteuer in Kirgistan, dem Iran oder Indien. Nichtsdestotrotz möchte ich der „Schweiz Mittelamerikas“ einige Zeilen widmen, denn möglicherweise interessiert es doch jemanden, wie es sich hier so lebt und andererseits vergesse ich so langsam, welche Länder ich schon so besuchte und was dort berichtenswertes passierte.

Ich möchte diesen Blog gerne dem Gesellschaftsspiel „Scrabble“ widmen, welches uns die ganze Reise intensivst begleitete und zu einigen Wutausbrüchen und Einschnappungen führte. Es ist erstaunlich, welche Worte man in den eigenen Wortschatz aufnimmt, um gekonnt das nervige „Y“ auf die richtigen Felder zu bringen.

Bla bli blub, es soll um Costa Rica gehen. Wie lebt es sich nun? Als Einheimischer offenbar sehr gut, denn CR beheimatet, laut Reiseführer von Stefan Loose, offenbar die glücklichsten Menschen der Welt und auch als Touri kann man sich nicht beklagen! Möglicherweise weiß man, dass fast 100 % des Stroms in CR aus erneuerbaren Energien gewonnen wird und 27 % der Landesfläche unter Naturschutz stehen, doch wie positiv sich dies auf das Sein auswirkt muss man selbst erfahren haben. Es ist kein Müll in den unter Schutz stehenden, beeindruckenden und vor Tieren wimmelnden Wäldern zu finden, durch die man entweder mit seinem Jeep durchfährt oder bewandert. Wenn man nicht gerade direkt neben der Straße steht, die von älteren amerikanischen Lastern befahren wird, ist die Luft angenehmst sauber und man erfrischt sich am Insektengeschwirr und Vogelgezwitscher, der noch nicht von Glyphosat und Co ausgelöschten Klein- und Kleinsttieren. Kein Döschen oder Papierchen findet man an den tollen Stränden, die am Pazifik und an der Karibik zum Baden einladen und so kommt man als religiös mülltrennender und sauberkeitsfanatischer Deutscher auch in Mittelamerika ganz auf seine Kosten. Auch wenn wir leider nur sehr wenige und wirklich sehr faule Faultiere faul am Baum hängen sehen konnten, kamen uns in unseren Gärten wenigstens kreischende Affen und kleine Rehviecher besuchen und durchforsteten unseren Biomüll. Krokodile bewundert man am besten von einer Autobahnbrücke, auf der man mit viel Glück nicht unter vorbeidonnernde Lastkraftwagen gelangt, die traditionelle Waschbärexperience erlangt man am Strand, wenn die gemeinen Gauner einem das Essen aus dem Rucksack klauen. Die Wälder und Wanderwege sind, wie erwähnt, wirklich fantastisch und laden sehr zu längeren Wanderungen ein. An den richtigen Stellen erhascht man fantastische Blicke auf Vulkane und Flusstäler, ein Trekkingtraum! Kein Wunder, dass die Costa Ricaner ihr Leben trotz Durchschnittsmonatseinkommens von 820 € muy bien finden. Das lassen sie einen auch täglich spüren und begrüßen jeden vorbeifahrenden und vorbeigehenden auf freundlichste Weise.

Doch existiert dieser Blog bekanntlich nicht, um einseitige Loblieder auf bereiste Länder zu singen, sondern mokiert sich hämisch und gnadenlos über die Schwächen und Negativaspekte von Reisezielen. In Costa Rica erkennt man relativ schnell, dass die ruralen Begebenheiten zwar fantastico sind, die urbanen Gebiete aber in Trostlosigkeit und Unschöne an Armenien erinnern. Dabei kann man nicht einmal sagen, dass San José und die übrigen Städtchen besonders hässlich sind; sie sind einfach furchtbar langweilig. Während Yerewan noch versucht, besonders verfallen und gruselig zu wirken (Verweis auf die vorherigen Blogs), empfindet man in der Costa Ricanischen Hauptstadt einfach nichts. Langweilige Betonklötze reihen sich an flache Bauten und Dörfer lassen jegliche Struktur und architektonische Bemühungen vermissen. Versucht man dann in der Misere einzukaufen folgt sogleich der nächste Schock. Einkaufen in CR macht ebenso wenig Spaß wie das Städtereisen. Produkte die man sucht sind entweder nicht vorhanden oder ziemlich teuer. Den sogenannten Käse und Schinken kann man schwer voneinander unterscheiden und lässt dafür einen stattlichen Betrag an Colones über den Tresen wandern. Zahnpasta, Klopapier, Nüsse – alles muss importiert werden und ist dementsprechend teuer. Zwar könnte man von den vorher genannten 820€ im Monat in Indien und Kirgistan stattlich leben, doch in der Schweiz Mittelamerikas kommt man damit nicht besonders weit. Auch Unterkünfte überzeugen mit stattlichen Preisen und als sparender Rucksacktourist lässt man sich wohl am besten im eigenen Zelt von Malaria- und Denguemücken zerstechen und ernährt sich von Bananen. Diese sind nämlich als einziges Produkt wirklich spottbillig und man kann sich eine Chiquita-Marken-Banane nach der anderen in den Rachen schieben. Auch recht günstig kann man Limonade in fassartigen Behältern und frittiertes (püriertes) Hähnchenfleisch erstehen. Dementsprechend schleppen sich die Ticos sehr beleibt und kurvig durch die Straßen. Sorgen um den Verlust des Partners sind zumindest kein Grund, warum man sich Gedanken über die eigene Figur machen sollte – Costa Rica ist streng katholisch und jede Dame ab 18 schleppt mindestens ein Kleinkind neben sich her. Möglicherweise auch eine Erklärung für den gruseligen Kleidungsstil, der einen ermutigt, selbst wie der letzte Schlumpi durch die Gegend zu trotten. Während man selbst in Indien mit kurzer Hose und T-Shirt eher negativ auffällt, kugeln die Ticos fröhlich in alten Sporthosen und Fußballtshirts durch die Gegend und man hört schnell auf, sich seinen bequemen Wandersachen zu schämen.
Trotz Warnungen verschiedener Reiseführer und Internetseiten ist es richtig gefährlich nicht für Menschen, sondern eher für die vielen Tiere, die sich erstaunlich gerne neben oder auf der Straße entspannen. Zwar versucht man als Touri, nicht ganz so vielen Lebewesen das Dasein zu rauben, doch liegen alle 100 Meter zerteilte Nasenbären, Affen und Straßenhunde am Wegesrand.

Lohnenswert ist, sich eine Vokabeln Spanisch anzueignen. Die Ticos flippen aus vor Freude, wenn Touris versuchen sich auf Spanisch verständlich zu machen und begrüßen jedes Wort, dass sich wie Spanisch anhört. Man kommt jedoch auch mit Englisch ganz gut über die Runden und man merkt, dass Tourismus eine der Haupteinnahmequellen in CR ist. Jeder Touriwunsch wird einem, unaufdringlich!, von den Lippen gelesen und man kann problemlos auch ohne Sprachlernwillen durch das Land kommen.

Ich denke, das waren die berichtenswertesten Sachen, der Blog ist schon recht lang und es kündigt sich der 11 Stunden Rückflug an. Hoffentlich konnte der Beitrag den ein oder anderen Lesenden bespaßen und ich mache gerne alle Verfolger des Blogs darauf aufmerksam, dass in Kürze wieder viele herkömmliche und spannende Backpackingerfahrungen auf dieser Seite geteilt werden. Gemeinsam mit Sinja werde ich mich auf die aufregende Reise in den Libanon und, wenn sich Inder und Pakistanis im Kaschmir etwas zusammenreißen, nach Pakistan machen.

Liebe Grüße vom Flughafen in San José,
euer Schreiberling Conrad.















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