Wir gönnen uns keine Ruhe, wir genehmigen uns keine Rast. Schon am ersten Tage nach unserer mörderischen Wanderung, auf die im letzten Blog eingegangen wurde, machten wir uns auf zu unserer nächsten Tortur. Früh am Vormittag verließen wir schweren Herzens, mit schmerzenden Beinen unser Hotelzimmer und suchten nach einer Mitfahrgelegenheit. Nur wenige Minuten mussten wir warten, da hielt schon ein netter Armenier, der zwar nicht mit uns sprach, aber flink unsere Rucksäcke auf das Dach des Wagens spannte und mit uns nach Tsovagyugh düste. Dort kauften wir die Nötigkeiten für unsere weitere Wanderung nach Gosh ein und machten uns schwer bepackt durch das Dorf auf zum Startpunkt der beschwerlichen Reise. Die Leute im Dorf waren etwas sehr überrascht von unserer Erscheinung, winkten uns aber fröhlich zu. Durch unser lockeres Auftreten konnten wir gleich die gelangweilte Dorfjugend davon überzeugen, uns ein Stückchen durch den Ort zu fahren. Die Kommunikation lief etwas holprig mit der üblichen Methode (man gibt uns ein Handy, an dem ein Freund von einem Freund ist, der Englisch oder Deutsch spricht), doch mussten wir nur noch eine kleinere Steigung bis zum Startpunkt klettern. Danach ging es für uns erst einmal lange Zeit bergab. Zwar mag dies einem luxusverwöhnten Leser ganz entspannt vorkommen, doch bluteten unsere Hüften und Haxen noch vom Vortag und mit zusammengebissenen Zähnen schleppten wir uns durch Schnee und Matsch. Noch freuten wir uns über den fröhlichen Bach, der uns auf dem mühseligen Weg nach unten Gesellschaft leistete. Der fröhliche Bach wurde mit der Zeit ein reißendes Flüsschen und rauschte neben uns in brodeliger Bedrohlichkeit. Nach einigen Stunden waren wir im Tal angekommen und plötzlich kreuzte das tosende Gewässer unseren Weg. Nach einiger Disponierung sahen wir keine andere Möglichkeit, als durch den Fluss zu waten. Also Schuhe aus, Hosen hochgekrempelt, Schuhe um den Hals, Stock gepackt, durch den Fluss gestiefelt, Füße sauber gemacht, Socken und Schuhe wieder angezogen und weiter im Text. Leider ging es nicht lange weiter und mit tosenden Flüchen erkannten wir, dass der blöde Fluss ein weiteres Mal über unseren Weg rauschte. Also das gleiche Prozedere nochmal und ab dafür. Bei der dritten Überschwemmung waren wir dann den Tränen nahe und machten uns laut fluchend an die Überquerung des mittlerweile laut tosenden Baches. Dem Nervenzusammenbruch nahe waren wir bei der vierten Überschwemmung, die nicht einmal mehr zu durchwaten war. Völlig genervt und mit wesentlich weniger geschaffter Strecke als geplant bauten wir mitten im Wald unser gemütliches Zelt auf und planten unser weiteres Vorgehen. Essen hatten wir genug, leider liefen unsere Wasservorräte dem Ende entgegen, da wir für das Extragewicht zweier Biere, an Flaschen des unalkoholischen Getränkes gespart hatten. Schade. Dafür genossen wir ein Festmahl sondergleichen, als wir sorglos im Zelt lagen und Brot mit Käse und Wurst vernaschten, bevor wir uns gänzlich mit Bier und Snickers in den Speisehimmel begaben. Wohlig genährt fielen wir um 21:00 Uhr in einen waldigen Schlaf und wachten erst am Morgen vom plätschernden Geräusch des überraschenden Regens auf. Die Hoffnung, noch einmal lebendig aus dem nassen Wald zu entkommen verließ uns allmählich, doch legten wir uns noch einmal aufs Ohr, da ein Liegen im Schlafsack mit der Geräuschkulisse tröpfelnder Tropfen auf einem überdachenden Zelt einfach zu gemütlich ist. Als wir uns doch noch aus dem Zelt quälen konnten machte ich mich ohne Rucksack auf, um einen Ausweg aus unserer Misere zu suchen und fand einen Pfad, der zwar auch wieder ein Eintauchen in die eiseskalten Fluten Armeniens verlangte, aber wenigstens irgendwie in Richtung Ziel führte. Wir machten uns also halbwegs frohen Mutes, mit wenig Wasser auf in Richtung Gosh. Wenige Kilometer vor unserem Ziel fanden wir eine Gruppe christlicher Christen aus Deutschland, die auf ihrer Ostertour die vielen Kloster in Armenien besuchten und ab und zu auch ein paar längere Spaziergänge mit gepacktem Essen und Guide veranstalteten. Gerne hörten wir uns ihre Geschichten über Fußsalbungen und Lichterlöschungen hier und da an, denn wir wurden mit allerhand Leckereien von den frommen Gottesliebhabern versorgt. Nach ein paar anerkennden Worten für unsere Wanderlust und der Abstaubung vieler Leckereien und deutscher Bio-Mandelschokolade machten wir uns die letzten Kilometer auf in Richtung Gosh. Dort stoppten wir uns zunächst einen dicken Porsche, der uns fix in Richtung Dilijan brachte, dann einen alten russischen Jeep mit lauter armenischer Musik, der uns ganz zu unserem kurzen Zwischenziel buxierte. Von dort fuhren wir, auf dem Boden sitzend, in Richtung Sewan in einem kleinen Transporter, dort nahm uns ein großer Transporter mit einem sehr dicken Armenier ein Stückchen mit und anschließend stiegen wir in das Auto von Ashok, einem älteren Herrn, der mit seinen beiden Söhnen unterwegs war. Dementsprechend eng wurde es auch für uns auf der Rückbank, die wir uns mit unseren Rucksäcken und dem Sohn teilten, der die Arschkarte gezogen hatte. Wir scheinen wirklich eine fabelhafte Ausstrahlung zu haben, denn ohne viele Worte brachte uns unser neuer Beschützer zu einem völlig heruntergekommenen Hotel ganz nach unserem Geschmack. Als uns der gemeine Hotelbesitzer dann einen, für dieses Loch wirklich unanständigen, Touripreis von 20€ abknöpfen wollte, machte unser Engel für den heutigen Tag den Halsabschneider ordentlich zur armenischen Schnecke. Nach einer Ansprache von fünf Minuten mussten wir nur noch 8,30€ zahlen und liegen nun gemütlich in den Betten eines überheizten, aber gar nicht so üblen Hotelzimmers in Martuni und genießen ein paar leckere Getränke.
Übrigens mussten wir auf keine der ergaunerten Fahrten mehr als 2 Minuten warten, das spricht nun wirklich für ein gastfreundliches Land!
Übrigens mussten wir auf keine der ergaunerten Fahrten mehr als 2 Minuten warten, das spricht nun wirklich für ein gastfreundliches Land!
Macht euch keine Sorgen, wir sind zwar blöd, aber haben sehr viel Glück und die Armenier geben ihr Bestes, uns am Leben zu halten.
Geschundene Grüße aus dem Land der hilfsbereiten Leute,
Conrad und Franzi
Geschundene Grüße aus dem Land der hilfsbereiten Leute,
Conrad und Franzi
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