Wie ein Brandanschlag mein Leben rettete

Wir hatten Almaty zu Fuß nach und nach erkundet und suchten die nächste Region zum Erkunden. Also stiegen wir in das kleine, alte Flugzeug einer kirgisischen Airline und flogen recht zügig von der ehemaligen Hauptstadt Kasachstans in die Neue, nach Astana. Am modernen Flughafen wurden wir von dem Mitarbeiter unseres Couchsurfinghosts abgeholt und in das sehr große Häuschen am Rand der Stadt gebracht. Dort servierte man uns ein reichhaltiges Essen mit vielen kasachischen Köstlich- und Süßigkeiten. Da wir gerne noch die moderne Innenstadt Astanas bestaunen wollten, überredeten wir die erste Frau unseres Hosts, die mit den vier gemeinsamen Kindern im großen Heim in Astana wohnt, uns die Stadt zu zeigen. Der Fahrer der Familie brachte uns zügig in den wirklich beeindruckenden Stadtkern. Was Geld aus Gas und Öl so alles anrichten kann. Blinkende Hochhäuser reihen sich an verschiedenste Prunkbauten, die Universität ist ein modernster Glasdreieckskomplex, der wie alle anderen großen Gebäude der Stadt nachts buntenst blinkt und farbiges Licht abwirft. Tausende Displays in der Größe von Fußballfeldern zeigen Werbung oder sonst etwas und die Kasachen stehen sehr auf moderne Türme, Bürogebäude oder Shoppingmalls in Form eines runden Zeltes. Den Gebäuden entsprechend teuer sind auch die schickigen Mickirestaurants am Fuße der Prachtpaläste und groß die SUVs die auf den vollen Straßen rumcruisen. Ein paar von Astanas Bauten kann man sich ruhig einmal anschauen, es lohnt sich insbesondere für architekturinteressierte Reiseblogleser und Reiseblogleserinnen. Würde ich als nichtsahnender Schwerpunktjurist zumindest meinen.
Nach einer kurzen Nacht im großen Stadthaus unseres Hostes, den wir bis dahin nicht zu Gesicht bekommen hatten, wurden wir in einen der Familienjeeps geladen und in ein Dörfchen 80 km von Astana zu unserem gutmütigen Freund und seiner zweiten Frau gebracht. Lange hielt man sich nicht mit der Begrüßung und dem zügigen Frühstück auf und wir holperten mit Traktoren und Jeeps Richtung Feld. Unser Gönner hat nämlich nicht nur viele Ehefrauen, sondern auch viele Hobbys. Eigentlich ist er Unternehmer, doch in seiner anscheinend recht großzügig bemessenen Freizeit spielt er gerne Bauer und hat sich ein paar Felder, Traktoren und Leibeigene (möglicherweise auch normale Arbeiter) gegönnt und bewässert im Sommer fleißig seine Grasfelder. Diese Bewässerungsanlagen sind leider nicht so geeignet für die „milden“ Winter (bis zu -52°C) und es war an der Zeit alles auseinanderzubauen und auf Traktoren zu verladen. Wir verbrachten den Tag also damit, feuchtigkeitsspendende Rohrleitsysteme zu verladen und Jurten einzupacken. Außerdem wurde Elisa der große Traktor anvertraut, den sie mit ihren 10 rechten Daumen wie ein Naturtalent über das Feld lenkte und ich wurde spontan zum Fahrer unseres Hosts ernannt und düste mit dem dicken Toyotageländewagen von Ort zu Ort. So richtig ausreizen konnte man die 350 galoppierenden Pferdchen unter der Motorhaube leider nicht ganz, da die Straßen in den kasachischen Dörfern  löchriger sind als so manch schweizerisches Milcherzeugnis. Als Belohnung für die verrichtete Arbeit gab es leckeres Abendbrot und verhältnismäßig gemäßigte Mengen an selbstgebranntem Wodka, der auch 10 Minuten nach dem erzwungenen Konsum fröhlich auf Zunge und Speiseröhre brannte. Irgendwie sollte uns das Brennen auch den weiteren Abend verfolgen. Nach dem Abendessen schlenderten wir in das Saunagebäude um der russischen Tradition alle Ehre zu erweisen. Irgendjemand ist anscheinend auf den blöden Brauch zu kommen, abends immer wieder in eine viel zu heiße Sauna zu gehen und in den Pausen kühles Bier mit getrocknetem Fisch zu essen. Es wäre auch alles sehr aushaltbar gewesen, wenn nicht unser Vielehemann und ein Kumpel von ihm weitere russische Bräuche gezeigt hätten. Eine dieser Traditionen kann man wohl getrost als Hitzevergewaltigung übersetzen. Ich musste mich auf dem Bauch auf eine Saunabank legen und wurde mit heißer Luft maltretiert, die mit Birkenzweigen auf meinen mitteleuropäischen Wohlstandskörper gewedelt wurde. Ich fühlte mich wie eine vergessene Pizza, die gerade schonungslos im alten Backofen eines verstreuten Studenten verkohlt. Dem Hitzetod nah flüchtete ich mit letzter Kraft unter einen Eimer mit kühlem Wasser und brachte mein Blut wieder auf Temperaturen unterhalb des Siedepunktes. Natürlich war diese Prozedur nur die entspannte erste Phase der bescheuerten Tradition und mir wurde unabhängig von dem fischigen Snack etwas mulmig, als zwei weitere Hitzefeuer angedroht wurden. Anscheinend hatte Gott doch Mitleid mit mir verwöhntem Juristen und schickte ein ordentliches Zeichen an meine Peiniger. Irgendwann merkten wir nämlich, dass ein beachtlicher Teil des Gartens brannte, der nicht brennen sollte. Anscheinend hatte ein „Feind“ unseres Hosts zu viel Benzin und Zeit und hielt es für eine angebrachte Idee, den Hof seines Widersachers anzustecken. Damit waren erst einmal alle Leute auf dem Gelände beschäftigt, das fröhlich lodernde Feuer zu löschen und wir hatten etwas Ruhe und konnten ohne Brandwunden unser Bier genießen. Das war dann auch das Ende des Tages, heute sind wir nur zum Flughafen in Astana getrampt und warten gerade auf den Flug nach Tiflis.
Geschundene Grüße,
Conrad und Elisa
















Kommentare