Lange wurde auf diesen Post hingefiebert, nun ist er endlich da:
Mein alltägliches Leben in Anekal!
05:15: Erstes inoffizielles Aufwachen, der Muezzin lässt einen jeden Morgen um die gleiche Zeit mit einem fröhlich gesungenen "Allahu Akbar" aufschrecken
06:30: Zweites inoffizielles Aufwachen, 40 trampelnde Rüpel ( namentlich die Hostelschüler ) bahnen sich lautstark ihren Weg entlang meiner Zimmertür zum Studyraum um dort vor dem Frühstück noch einmal zu lernen.
07:30: Offizielles Aufwachen, Kreislauf zusammen suchen, für kleine Königstiger gehen und auf das...
08:00: ...Frühstück warten. Zum etwas schärferen, warmen Reis gibt es die erste Tasse Chai des Tages in der dreckigen, lauten aber nichts desto trotz gemütlichen Küche.
09:00: Auf geht's hinten auf dem Moped mit Bruder Jevan, der dieses Jahr das Boyshostel leitet, zur 5 Minuten entfernten Jesuitenstation. Anfangs war der Trip ohne Schutzkleidung und Helm zwischen LKW und Bussen noch sehr interessant, mittlerweile döse ich mehr als dass ich mich damit stresse mir Sorgen zu machen. Alldieweil Bruder Jevan ein außerordentlich guter Mopedfahrer ist ;)
09:10: Computerarbeit in der Bücherei des College, die aber nicht besonders fordernd ist.
11:00: Erstmal ein Snack mit den Brüdern der Jesuitenmission einnehmen, wie soll man sonst die Zeit zwischen Frühstück und Mittagessen überstehen? 2. Chai des Tages.
11:20: Selbstständiges Kannadalernen. Guten morgen heißt übrigens "Belagena shubadajagalu". Und auch sonst kommt man bei den ganzen "galus" und "habus" am Ende der Wörter mal schnell durcheinander.
13:00: Das heißhungrig erwartete Mittagessen mit den Brüdern. Leider beschränkt sich dieses meistens auf einen sehr großkörnigen, pappigen Reis mit grünem Gemüse und Ei. Glück wenn Besucher und Väter von außerhalb kommen und deswegen das Essen wesentlich schmackhafter und abwechslungsreicher ist.
14:00: Freie Freizeit, die wir im Office verbringen um am dortigen PC Nachrichten zu lesen, unseren Blog zu aktualisieren oder Lieder für unsere nächsten Tanzvorführungen herunterzuladen.
Ab und zu verschlägt es uns auch in das dreckige Örtchen (Anekal city) um ein paar Früchte oder Kekse zu kaufen, allerdings kommt zu der unglaublich schlechten Luft nebst der Straße und den Müllbergen auch die Mittagshitze, sodass wir gerne auf solche Ausflüge verzichten.
In Anekal gibt es auch so leider neben kleinen Shops die alle das Gleiche verkaufen, einem heruntergekommenen Kino und Straßenständen auch wirklich nicht viel zu sehen.
16:00: Ab zurück ins Hostel um sich dort ein paar Minuten zu sonnen und ein paar Minuten auszuruhen bis..
16:30: die Schüler eintrudeln und einen sofort in Fußball- und Volleyball-spiele einbinden. Das ganze findet barfuß auf dem halb sandigen, halb dornigen Gelände des Hostels in der prallen Sonne statt und erfordert jegliche körperliche Ressourcen um beim Volleyball mithalten zu können.
17:30: Fertig wie ein Esel freut man sich unglaublich auf die tea time um ein paar Kekse zu snacken und den 3. Chai des Tages zu trinken.
17:45: Das sehr, sehr lange herbeigesehnte und sehr, sehr nötige Bad wird genommen. Man gewöhnt sich eigentlich recht schnell daran sich aus Eimern zu duschen :P
Die Wassertemperatur bewegt sich, auf Grund der Sonnen/Wasseranlage auf dem Dach, zwischen lauwarm an bewölkten und kochend heiß an sehr sonnigen Tagen.
18:30 Study time. Alle Schüler finden sich im großen Lernraum ein und gehen mehr oder weniger gut ihren schulischen Aufgaben nach, während ich, wenn alle beschäftigt sind gemütlich noch einmal Kannadavokabeln durchgebe oder Sherlock Holmes lese. Allerdings kommen auch immer öfter einige zu mir, um ein bisschen Hilfe bei kniffligen Matheaufgaben zu bekommen oder vor allem auch ihr eher schlechteres Englisch, durch vorlesen und reden zu verbessern.
Eim Tipp am Rande: Niemals nach dem Bad ein frisches Tshirt anziehen, da man während der study time so extrem von 30 Mückenspiralen zugereuchert wird, dass die Kleidung dementsprechen lagerfeurig riecht.
20:30: Abendessen. Zum 3. Mal am Tag gibt's Reis, allerdings mit größerer Auswahl Beilagen, Obst zum Nachtisch und der 4. Tasse Chai am Tag. Unterhalten kann man sich währenddessen sehr gut mit Bruder Jevan und den beiden jungen Doktoren die ebenfalls im Hostel wohnen.
21:00: Filmschauen mit den Jungs. Auf Kannada!!! Selbst wenn ich Bollywoodfilme auf Englisch schauen würde, kämen sie mir grob lächerlich vor, aber unsere abendliche Filmrunde toppt alles. Ein schlechter Effekt nach dem anderen, die Stimmen der Schauspieler übersteuern auf eine ohrbeleidigende Weise und den Ausgang des Films kann man sich nach 5 Minuten bereits denken. Diese Tatsachen lassen mich auf dem Stuhl dann auch regelmäßig einnicken, bis ich von der nächsten Explosion geweckt werde.
22:00: Ruhe. Zumindest so halb, wenn sich unser Hostelhund ausgeheult hat, alle Jungs ein 3. Mal in der Studyhalle verschwunden sind und die Nachbarn sich entschließen mal nicht lautstark irgendein Fest zu feiern. Angestrengt von allem und jedem schlafe ich dann in meinem kleinen Gefängnisbett zu Zeiten an denen ich mir in Deutschland überlegt habe, was ich den Abend so machen soll, gemütlich ein.
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